Am
28. Juni 1940 besetzte die Rote Armee Bessarabien und damit auch Hannowka. Die deutschstämmigen
Dorfbewohner konnten im Oktober 1940 ins Deutsche Reich ausreisen. Mit Hilfe einer reichsdeutschen
Umsiedlungskommission kehrten sie in das Land zurück, aus dem ihre Vorfahren
125 Jahre zuvor auswanderten.
Beim
Einmarsch der Roten Armee in Bessarabien am 28. Juni 1940 gelangten in
der Folge auch militärische Einheiten nach Hannowka. Sie quartierten sich hier wie in anderen bessarabischen Dörfern
ein. Die Soldaten lebten in Zelten auf mehreren Hofplätzen. Später bezogen sie
Quartier im Nachbarort Mansyr (6 km nördlich). Gegenüber den deutschen Dorfbewohnern verhielten sie sich
auf Weisung von oben korrekt. Nach Wochen des Bangens um ihr
Schicksal kam für die deutschen Dorfbewohner im September 1940 die erlösende
Nachricht. Ein Umsiedlungsvertrag zwischen der Sowjetunion und dem
Deutschen Reich ermöglichte ihnen die Ausreise.
Zur Durchführung der Umsiedlung entsandte das
Deutsche Reich ein mehrere hundert Personen starkes Umsiedlungskommando nach Bessarabien. Die
vier für Hannowka bestimmten Militär-
angehörigen
der Umsiedlungskommission trafen nach mehrtägiger Schiffsreise auf der Donau am
14. September in Bessarabien ein. In Hannowkas großem
Nachbarort Hoffnungstal (9 km südlich) wurden die Deutschländer, wie
man Besucher aus dem „Mutterland“ nannte, auf einem Bauernhof
untergebracht. Hannowka war für die Durchführung der
Umsiedlung dem Ortsbezirk Be 3 (Be für den Ort Beresina) mit Sitz
in Hoffnungstal zugeordnet. Zum Bezirk gehörten neben dem 2.000 Einwohner
zählenden Hauptort Hoffnungstal noch einige kleinere Ortschaften, wie
Gnadenheim, Reulingen, Philipowka und vereinzelte Weiler. Aufgabe der Umsiedelungskommission
war, die aussiedlungswilligen deutschen Bewohner zu registrieren. Außerdem war
ihr Vermögen gemeinsam mit der
sowjetischen Kommission für eine spätere
Entschädigung zu schätzen.
Am 17. September 1940 nahm die
gemeinsame deutsch- sowjetische Umsiedelungskommission ihre Tätigkeit in
Hannowka auf. Sie begann mit den Taxierungsarbeiten
(Schätzungen) zum Besitz der Dorfbewohner. Die Aufnahmeverhandlungen gestalteten sich äußerst
schwierig, da die sozialistisch geprägten Eigentums- vorstellungen der Sowjets
kaum Privatbesitz zuließen. Bewertet wurden der Hausbesitz und das Inventar,
wie Tiere und Getreidevorräte. Den Grundbesitz schätzte man nicht, da er
für die Sowjets Volkseigentum war. Starke Uneinigkeit
herrschte über den Wert der zu erwartenden Ernte (Mais, Soja, Sonnenblumen),
die im September noch auf dem Feld stand. Deshalb schritten die Schätzarbeiten nur
langsam voran und dauerten 7 Tage.
Schätzarbeiten
in Hannowka vor dem Hof
Friedrich Sass
Am 18. September 1940 fand die
Registrierung der Dorfbewohner statt. Laut dem Arbeitsprotokoll des
Leiters der Umsiedlungs- kommission
Reinhard Müller ließen sich für die Umsiedlung vormerken:
362
Personen (119 Männer, 112
Frauen, 131
Kinder)
79
Haushalte
97
mitzunehmende Pferde
52
mitzunehmende Pferdewagen
An diesem Tage hatten sich noch
nicht alle der 420 Bewohner aus 97 Haushalten zur Umsiedlung gemeldet. Letztendlich schlossen sich
ihr aber alle
deutschstämmigen Bewohner an. Zurück blieben nur ein Deutscher (Adolf Schweigert)
wegen seiner russischen Ehefrau sowie zwei ältere Bewohner
(Martin Kling, Maria Jassmann).
Die Abreise aus Hannowka zu den 150 km
entfernten Einschiffungshäfen Reni und Galatz an der Donau fand gemeinsam mit den Umsiedlern des Ortsbezirks
Be 3 aus Hoffnungstal und
Umgebung ab. Die Abreise der 2.637 Personen (805 Männer,
828 Frauen, 996 Kinder) fand an mehreren Tagen im Oktober 1940
statt. Hoffnungstal verließen am 1.
und 9. Oktober Transporte, bei denen jeweils 1000 Umsiedler (Frauen, Kinder, Alte) in
Bussen und Lkw's abtransportiert wurden.
Abtransport
aus Hoffnungstal
550 Männer reisten am 2.
und 15. Oktober in Trecks mit Pferdefuhrwerken
aus Hoffnungstal ab. Nach 150 Kilometern
und einer dreitägigen Planwagenfahrt kamen sie im Durchgangslager in (Flughafenhallen) der
rumänischen Donau-Stadt Galatz an. Nach einer kurzer Ruhepause erfolgte die Einschiffung
auf Passagier- schiffen der Donauflotte. Sie brachte die Bessarabiendeutschen in
zwei Tagen und Nächten
auf der Donau 1.000 Kilometer stromaufwärts. Im jugoslawischen Semlin erwartete sie großes Lager, von wo sie nach kurzem
Aufenthalt in mehrtägiger Eisenbahnfahrt weiter ins „Reich“ fuhren.
Dort kamen die Umsiedler des Ortsbezirks Be 3 aus Hoffnungstal und Hannowka
in Lagern nahe Chemnitz (Gornsdorf) in Sachsen unter.
Nach
zwei Jahren Wartezeit im "Lager" siedelte Hitler-Deutschland
die Umsiedler aus Hannowka und Hoffnungstal in eroberten Gebieten in Polen
an. Sie wurden bei Zamosc im sog. Generalgouvernement
nahe der russischen Grenze auf polnischen Höfen
angesetzt, die sie nicht als Eigentum bekamen. Die deutschen
Besatzungsbehörden hatten die polnischen Besitzer zuvor entschädigungslos von
den Höfen vertrieben, was bald zu reger Partisanentätigkeit führte. Viele Bessarabiendeutsche
verloren in Polen bei nächtlichen Überfällen ihr
Leben.